Echo der Zeit

Im Jahr 1785 schrieb der große deutsche Dichter Friedrich Schiller die „Ode an die Freude“ und verwirklichte darin die tiefsten Träume der europäischen Aufklärung. Die neunte Symphonie von Beethoven verlieh Schillers Worten Flügel, aber ein Jahrhundert später wurde dieselbe „Ode... an die Freude“ von den nationalsozialistischen Propagandisten vereinnahmt und bis zur Unmöglichkeit verzerrt. Wenn es darum geht, wie die Gesellschaft an diese immer weiter zurückliegenden Katastrophen erinnert, kommen einem Geschichtsbücher, Archive, Dokumentarfilme, aus Stein gemeißelte Denkmäler in den Sinn. Jeremy Eichler schlägt vor, den musikalischen Kompositionen-Mahnmalen des Zweiten Weltkriegs Gehör zu schenken. Der Autor beweist leidenschaftlich und offen die Kraft der Musik als Gedächtnis der Kultur, als Kunstform, die die Bedeutung der Vergangenheit tragen kann. Der Autor zeigt, wie vier herausragende Komponisten – Richard Strauss, Arnold Schönberg, Dmitri Schostakowitsch und Benjamin Britten – die Zeit des Zweiten Weltkriegs und des Holocausts überstanden haben und ihr Erlebnis dann in zutiefst berührenden, transzendenten musikalischen Werken verkörperten, die das Echo einer verlorenen Zeit sind. Eichler ist unermüdlich und einfallsreich: Er bezieht Zeugenaussagen von Schriftstellern, Dichtern, Philosophen, Musikern und einfachen Menschen ein. Er zeigt, wie eine ganze Epoche in diesen Klängen und Schicksalen verschlüsselt wurde. Eichler besuchte die Schlüsselorte, die mit der Entstehung der Musik verbunden sind – von den Ruinen der Kathedrale in Coventry bis zur Schlucht Babyn Jar in Kiew. Während das lebendige Gedächtnis des Zweiten Weltkriegs schwindet, bietet „Echo der Zeit“ neue Wege an, die Geschichte zu hören und zu verstehen. In dieser Musik die Echos dessen zu erkennen, was eine andere Epoche gehört, darüber geschrieben und geträumt hat, worauf sie gehofft und was sie betrauert hat. Dieses Buch, erfüllt von Lyrik und Mitgefühl für seine Helden, regt uns zum Nachdenken über das Erbe des Krieges und über die Präsenz der Vergangenheit in unserem heutigen Leben an.